Amalgam-Speichelanalytik: Ein Suchtest oder Amalgam-Screening-Test?

Amalgam-Speichelanalytik: Ein Suchtest oder Amalgam-Screening-Test?

Was ist Dental-Amalgam?

In der Zahnmedizin ist Amalgam der älteste Füllwerkstoff der seit über 100 Jahren verwendet wird. Solch ein Amalgam (griech. Malagma für erweichend) ist eine Legierung mehrerer Metalle, wobei Quecksilber eine hervortretende Rolle spielt.

Tatsächlich gibt es sehr unterschiedliche Amalgam-Zusammensetzungen, wobei das Amalgam für Zahnfüllungen meist eine Legierung aus Quecksilber, Silber, Zinn, Kupfer und Zink ist, denn diese Metalle verbinden sich leicht mit Quecksilber. Auch Palladium findet gerne Verwendung, vor allem, um einen hohen Härtegrad und eine hell-silbrige Farbe zu erreichen. (1) Weitere Bestandteile von Dentallegierungen sind Kobalt, Gallium, Germanium, Indium, Iridium, Platin, Rhodium, Ruthenium und Tantal. Gold ist eines der Edelmetalle, das seit Tausenden von Jahren in der Zahnheilkunde verwendet wird. Meist wird es mit Silber, Kupfer und Zink kombiniert.
Einige dieser Metalle stehen im Verdacht, lokale oder systemische toxische Wirkungen zu haben. Diese Reaktionen entstehen dann, wenn Metalle aus einer Legierung freigesetzt werden, beispielsweise durch Korrosion.

Was zeigt der Amalgam Speicheltest?

Der Amalgam-Speicheltest ist ein Suchtest. Er kann verwendet werden, um die (In-)Stabilität der Dentalfüllungen zu bewerten, er gibt jedoch keine Auskunft über die körpereigene Speicherung von Metallen im Gewebe oder darüber, welche Metalle im Blutkreislauf zirkulieren.
Wird der Metallgehalt des Speichels vor Kauaktion mit dem Metallgehalt des Speichels nach Kauaktion verglichen, zeigt sich ob Metalle aus den vorhandenen Dentallegierungen gelöst werden, wobei es wahrscheinlich scheint, dass alte, brüchige Amalgamfüllungen oder solche von minderer Qualität leichter Metalle freisetzen. Eine schlechte Mundhygiene, die Speichelzusammensetzung, wie auch der pH-Wert von Getränken fördert dies weiterhin. Zusätzlich beeinflussen mechanische Belastungen, wie starkes Kauen oder falsches Zähneputzen die Korrosion und so können im Speichel von Amalgamträgern teils erhöhte Konzentrationen von Metallen gemessen werden.
Eine weit beachtete Studie der Universität Tübingen untersuchte die Quecksilberkonzentration von Speichelproben vor und nach einem Kautest. Dabei handelte es sich um 20.000 Probanden mit durchschnittlich 9 Amalgamfüllungen. Spektralanalytische Messungen ergaben eine durchschnittliche Quecksilberkonzentration von 11,6µg/l im Speichel vor, verglichen mit 29,3µg/l nach Kautest. (2)

Speicheltest als Nachweis nachhaltiger Füllungen

Die Tübinger Studie zeigte, dass bei Patienten mit durchschnittlich 9 Amalgamfüllungen die Freisetzung von Quecksilber erheblich sein kann. Nachdem freigesetztes Quecksilber verschluckt wird, gelangt es in den Darmtrakt, wo bakterielle Einwirkung das elementare Quecksilber in das hochgiftige Methylquecksilber umwandeln kann.
Somit kann anhand des Amalgam-Speicheltests nachgewiesen werden, ob aus vorhandenen Amalgamfüllungen Quecksilber freigesetzt wird. Bei Zweifeln, ob Füllungen ausgetauscht werden sollten oder nicht, kann der Amalgam-Speicheltest Aufschluss über die Nachhaltigkeit, bzw. den derzeitigen Zustand der Dentalmaterialen Auskunft geben.
Bei unserer statistischen Überwachung von 29 Speicheltesten vor Kautest konnte nur bei einem Probanden kein Quecksilber nachgewiesen werden. Bei einer dieser Prä-Speichelproben wurde sogar ein Höchstwert von 28.83µg/l erzielt. (Tabelle 1). Da keine Kauaktivität stattgefunden hatte, würde diese erhöhte Quecksilberkonzentration ein Argument für einen anschließenden Speicheltest mit Kauaktivität sein.
Wir verglichen die Messwerte dieser 29 Speichelproben vor Kautest mit 62 Proben nach Kautest. (Siehe Tabelle 1) Nur bei einigen Dentalmetallen wurde eine teils hohe Metallfreisetzung während der Kauperiode festgestellt.

ElementMeanStdevMax value
Quecksilber vor2,96,7328,83
nach2,6360,72368,44
Silber vor0,581,889,09
nach4,245,53333,65
Kupfer vor<BG<BG<BG
nach<BG<BG<BG
Zinn vor0,878348,8
nach1,543,84175,16
Zink vor<BG<BG24,23
nach<BG<BG<BG
Kobalt vor0,81,134,38
nach0,640,472,26
Gallium vor0,210,150,68
nach0,270,120,77
Germanium vor0,140,30,77
nach0,160,150,75
Indium vor0,010,120,35
nach0,074,1127,59
Iridium vor<BG<BG<BG
nach<BG<BG<BG
Platin vor0,020,361,97
nach0,719,6338,04
Palladium vor0,240,52,49
nach 0,253,8216,81
Ruthenium vor<BG<BG<BG
nach<BG<BG<BG
Tantal vor<BG<BG<BG
nach <BG<BG0,22
Rhodium vor<BG<BG<BG
nach<BG<BG0,57
Tabelle 1: Metall-Messwerte (in mcg/L) im Speichel vor und nach Kauaktion
(Stdev = Standardabweichung, Max value = Maximal oder Höchstwert, Probenkontingent: 29 Proben vor und 106 Proben nach Kautätigkeit)

Vergleich und Bewertung der Messwerte

Unter normalen Bedingungen sind Quecksilber, Silber, Indium, Platin oder Palladium nicht im Speichel vorhanden.
Die Daten in Tabelle 1 zeigen, dass nach dem Kauvorgang eine signifikant erhöhte Konzentration bestimmter Zahnmetalle festgestellt wurde. Dies untermauert den Wert des Amalgam-Speicheltests.
Es sollte beachtet werden, dass Kaugummi eine Vielzahl von Chemikalien enthält, von denen einige als gesundheitsgefährdend gelten. Dazu gehören Aspartam und BHT (Butylhydroxytoluol). Andere in Forschungsarbeiten erwähnte Inhaltsstoffe sind Titandioxid und Calciumphosphat.
Wir stellten eine hohe Zinkkonzentration in einer der Speichelproben vor dem Kauen fest. Porciani und Grandini geben an, dass bestimmten Kaugummis Zinkacetat zugesetzt wird. Weitere Forschungsarbeiten bestätigen dies.
Auch wurde in einer der Prä-Speichelproben eine ungewöhnlich hohe Zinnkonzentration festgestellt. Während einige Kaugummis in Alufolie eingewickelt sind, haben wir keine Daten, die darauf hindeuten, dass dies die Ursache sein könnte. Allerdings enthalten viele Zahnpasten oder Mundspülungen Zinnfluorid, ob hier die Ursache der hohen Zinnwerte liegt, konnte nicht nachvollzogen werden.
Aufgrund dieser Informationen sind wir der Meinung, dass die Bestimmung von Zinn und/oder Zink im Speichel nach Kaugummikauen kaum Ergebnisse ergeben kann, die eine zuverlässige Bewertung zulassen.

Ausführung zur Erkennung eines Schwermetallabriebs aus Amalgamfüllungen:

Wichtig: Zwei Stunden vorher nichts essen, nur trinken lassen, keine Zähne putzen.

Wichtig: Der Patient sollte zwei Stunden vor der Probenentnahme nichts essen und nur Wasser trinken.  Zähneputzen oder die Verwendung von Mundwasser sollte während dieser Zeit nicht stattfinden.

Getestet werden: Quecksilber, Silber, Kupfer, Palladium, Platin, Kobalt, Gallium, Germanium, Indium, Iridium, Platin, Rhodium, Ruthenium und Tantal

Speichel 1 (vor Kautätigkeit)

I. 5 ml Speichel in Röhrchen I sammeln.

Speichel 2 (während/nach Kautätigkeit)

II. 5 bis 10 Minuten mit den Zähnen knirschen, wobei der Fokus auf den Amalgamfüllungen ruhen sollte. Während dieser Zeit, oder danach, den gesamten Speichel in Röhrchen II sammeln.

Messwertevergleich

III. Speichel I + II auf Quecksilber untersuchen lassen. Zur Beurteilung ist der Vergleich der Prä- und Postwerte wichtig.

Schlussfolgerung

Speichelproben nach Kautätigkeit können zur Beurteilung der Stabilität bestehender Amalgamfüllungen herangezogen werden. Positive Testergebnisse wurden für Quecksilber, Silber, Indium, Palladium und Platin nachgewiesen. Dies sind die Metalle, bei denen ein Vergleich der Testwerte vor und nach dem Kauen hilfreich sein kann, um die Stabilität von Dentalmaterialien, wie sie im Mund von Patienten mit Amalgam gefunden werden, weiter zu beurteilen.
Bemerkung:
Die von uns untersuchten Proben nach Kautätigkeit wurden durch Kauen mit Kaugummi erzielt. Wie bereits erwähnt, können Kaugummis unterschiedliche Metalle enthalten. Aus diesem Grund schlagen wir vor, die Kauaktivität durch einen 10-minütigen Prozess des Zähneknirschens ohne Hilfsmittel zu ersetzen. Auch sollten mit Proben detaillierte Informationen zur Probeentnahme eingereicht werden.


Dr. E. Blaurock-Busch
Leiterin des Arbeitskreises Klinische Toxikologie

 

Literatur

  1. Amalgam für Zahnfüllung – Zahnlexikon (zahn-lexikon.com)
  2. P. Krauß, M. Deyhle, K. H. Maier, E. Roller, H. D. Weiß & Ph. Cledon (1997) Field study on the mercury content of Saliva, Toxicological & Environmental Chemistry, 63:1-4, 29-46, DOI: 10.1080/02772249709358515
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