Der Entzündungs- oder Zytokinsturm: wie der Prostaglandin-Stoffwechsel die COVID-19-Entwicklung und Infektionsprozesse beeinflusst

Der Entzündungs- oder Zytokinsturm: wie der Prostaglandin-Stoffwechsel die COVID-19-Entwicklung und Infektionsprozesse beeinflusst

Zusammenfassung

Die aktuelle Weltbevölkerung beträgt heute etwa 7 918 778 700 Menschen. Davon wurden am 10. Sept 2021 bereits 223.022.538 Fälle von COVID-19 bestätigt, darunter über viereinhalb Millionen Todesfälle, die der WHO (Weltgesundheitsorganisation) gemeldet wurden. COVID-19 ist die Folge einer intensiven Entzündungsreaktion, die durch die Freisetzung von Zytokinen  verursacht wird, ein Phänomen, das als Entzündungs- oder Zytokinsturm bezeichnet wird.
Dieser Entzündungsvorgang wie auch die prothrombotischen Mechanismen, die mit dem Infektionsprozess von Covid-19 verbunden sind, können anhand des Prostaglandinstoffwechsels erklärt werden.
Der Nachweis einer schon im Vorfeld bestehenden Entzündung kann labordiagnostisch durch Entzündungsparameter festgestellt werden, bei besonders gefährdeten Patienten von Vorteil. Entsprechende Maßnahmen könnten die Anfälligkeit gegenüber COVID-19 reduzieren, in der Prävention wie auch der Akutbehandlung. 

DIE PHYSIOPATHOLOGIE DES ENTZÜNDUNGSPROZESSES

COVID-19, kurz für „Coronavirus Disease 2019“, wird durch das Coronavirus SARS-CoV verursacht. Wie viele andere Viren ist SARS-CoV ein RNA-Virus mit Affinität zu Ace2-Rezeptoren. Zu den Krankheiten, die beim Menschen durch RNA-Viren verursacht werden, gehören Erkältungen, Influenza, SARS, MERS, COVID-19, Dengue-Virus, Hepatitis C, Hepatitis E, West-Nil-Fieber, Ebola-Virus-Krankheit, Tollwut, Kinderlähmung, Mumps und Masern. Durch erythrozytenkompetitive Mechanismen wird eine Eisenfreisetzungsreaktion mit erhöhten Ferritinspiegeln initiiert, die gleichzeitig einen Zustand der Hypoxie (Sauerstoffarmut) aktivieren.
Durch die reduzierte Sauerstoffverfügbarkeit wird das Lungenepithel sowie der Sauerstoffaustausch beeinträchtigt, was sich auf die Leukozytenintervention auswirkt und schließlich zu einer Zytokinfreisetzung und Entzündungsprozessen führt. Dieser Mechanismus verursacht den sogenannten Zytokin- oder Entzündungssturm mit all seinen Folgen.(1)
Wenn Lungengewebe durch Sauerstoffmangel geschädigt werden (und wenn diese invasive Phase andere Gewebe wie Herz, Niere, Leber usw. schädigt) werden Zellmembranfaktoren, sogenannte Toll-like-Rezeptoren (TLR) stimuliert.(2) Die Aktivierung der TLR führt nicht nur zur Induktion von Entzündungsreaktionen, sondern auch zur Entwicklung einer antigenspezifischen adaptiven Immunität. Dieser Mechanismus stimuliert die Migration von Leukozyten, die mit proinflammatorischen Zytokinen IL-6, IL-1ß, TNFα (tumor necrosis factor) beladen sind.(3)

Fettsäuren und der Entzündungs- oder Zytokinsturm

Zytokine aktivieren das Enzym Phospholipase A, das die Umwandlungsrate der mehrfach ungesättigten Omega-6-Fettsäure Linolsäure zur Arachidonsäure fördert und dadurch Entzündungsprozesse auslösen.(4)

Die Linolsäure und Linolensäure
Die Linolsäure ist eine essenzielle, zweifach-ungesättigte Fettsäure, die zu den Omega-6-Fettsäuren zählt und sich hauptsächlich in pflanzlichen Ölen wie Sonnenblumen- oder Sojaöl findet. Sie ist von der Linolensäure zu unterscheiden. Letztere ist eine dreifach ungesättigte Fettsäure, die zur Gruppe der Omega-3-Fettsäuren gehört. 

Die Linol- wie auch die Linolensäure werden als kurzkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren (SC-PUFA) bezeichnet. Dem Menschen fehlen die für ihre Produktion erforderlichen Desaturase-Enzyme, daher sind sie nicht in der Lage diese Fettsäuren zu synthetisieren.
Die α-Linolensäure (ALA) ist von Bedeutung, da sie zur Bildung der Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) benötigt wird. Auch spielt ALA eine wichtige Rolle bei Entzündungsprozessen, denn sie wirkt entzündungshemmend. Sie wird von den gleichen Enzymen zu EPA verarbeitet, die auch aus Linolsäure Dihomogammalinolensäure (DGLA) und Arachidonsäure (AA) produzieren. Aus DGLA und EPA werden wiederum entzündungshemmende Serie-1 und Serie-3-Eicosanoide gebildet, während aus der Arachidonsäure entzündungsfördernde Serie-2-Eikosanoide gebildet werden.(5)

Die Arachidonsäure und Prostaglandine
Die Arachidonsäure (AA) ist eine längerkettige Fettsäure und ein Vorläufer in der Biosynthese von Prostaglandinen, Thromboxanen und Leukotrienen.(9) 
Die Prostaglandine werden u. a., je nach Ausgangspunkt der Biosynthese, wie folgt eingeteilt:(6)

  • Serie-I-Prostaglandine (aus der DGLA), wirken unter anderem stark entzündungshemmend und mindern die Blutgerinnung. 
  • Serie-II-Prostaglandine (aus der Arachidonsäure) wirken entgegengesetzt. Sie fördern Entzündungen, verengen Blutgefäße, verstärken die Blutgerinnung und Schmerzwahrnehmung. Serie-II-Prostaglandine lösen im Körper die notwendigen Maßnahmen aus, um auf Wunden oder andere Verletzungen zu reagieren.
  • Serie-III Prostaglandine (aus der EPA) wirken ebenfalls entzündungshemmend, vor allem da sie die Entstehung der Serie-II Prostaglandine reduzieren.

DIE CYCLOOXYGENASE (COX)

Die Cyclooxygenase (COX), offiziell bekannt als Prostaglandin-Endoperoxid-Synthase (PTGS), auch bekannt als Cyclooxygenase (COX), ist das Schlüsselenzym der Prostaglandin-Biosynthese. (8)
COX wirkt als Katalysatur bei der Verwandlung der freie Arachidonsäure in Serie-II-Prostaglandine und zeichnet somit mitverantwortlich für Embolie- oder Thrombusphänomene in Lunge, Gehirn und anderen Organen.(9)
Grassin-Delyle et al. stellten fest, dass „bei schwerer Lungenentzündung, die durch Coronaviren des akuten Atemwegssyndroms (SARS-CoVs) verursacht wird, eine schnelle Virusreplikation gefolgt von einer intensiven, verlängerten Zytokin-/Chemokin-Reaktion erfolgt, bekannt als „Zytokinsturm“.
Diese Reaktion beinhaltet die Freisetzung der proinflammatorischen Zytokine wie Interleukin (IL)-6, Tumornekrosefaktor α (TNF-α), Makrophagen-Entzündungsprotein 1α (CCL3) und Monozyten-Chemoattraktant-Protein 1 (CCL2). Berichte weisen darauf hin, dass Plasma-Zytokinspiegel bei Patienten, die eine Intensivbehandlung benötigen, höher sind als bei Patienten, die keine Intensivbehandlung benötigen. Dies deutet darauf hin, dass der Zytokinsturm mit der Schwere der Erkrankung zusammenhängt. Daher könnten hohe Zytokin- und Chemokinreaktionen einen großen Einfluss auf die Pathogenese der Coronavirus-Erkrankung und die damit verbundene Morbidität und Mortalität haben.“(7, 10)

KORTIKOSTEROIDE 

Während der akuten Entzündungsphase von Covid-19 gilt der Einsatz von Kortikosteroiden als Therapie der Wahl. Diese wirken, indem sie das Enzym Phospholipase A hemmen, wodurch die entzündungsfördernde Expression der Arachidonsäure reduziert wird.(6) Die Anwendung einer Steroidtherapie führt jedoch zu einer Abnahme des d homo gamma Linolensäure (DHommoGLA) Spiegels, was wiederum die Freisetzung des Enzyms Lipoxygenase stimuliert und die Anwesenheit von Substraten wie Leukotrienen insbesondere Leukotrien B4 erhöht. Dies steigert die Entzündungsreaktion und erhält den Zyklus aufrecht.(11)

ALTERNATIVE THERAPIEMÖGLICHKEITEN

COX wird normalerweise durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID) gehemmt, die bei der Behandlung von Covid-19 eingesetzt werden. Der Begriff NSAID wurde erstmals 1960 verwendet und diente dazu, diese Medikamente von Steroiden zu distanzieren, die zu dieser Zeit aufgrund des Missbrauchs von anabolen Steroiden besonders stigmatisiert wurden.
Die Eicosatetraensäure (EPA) ist eine aus 20 Kohlenstoffatomen bestehende Omega-3-Fettsäure mit außerordentlich positiven Wirkungen. Sie produziert u. a. Lipoxine mit stark entzündungshemmender Wirkung, die während der Abheilungsphase eines akuten entzündlichen Insults gebildet werden und übt zudem eine modellierende Wirkung auf Lipoxygenasen, kurz LOX, aus. Lox sind Enzyme, die Fettsäuren oxygenieren und somit Entzündungsvorgänge über Leukotriene beeinflussen. Einige dieser Leukotriene wirken bronchokonstriktorisch und sekretionsfördernd und werden als Reaktion auf immunologische und nichtimmunologische Stimuli gebildet. Sie sind in der Lage, anaphylaktische oder allergische Reaktionen innerhalb der Lunge auszulösen.
Letztendlich produziert EPA Prostaglandine, die stark gefäßerweiternd wirken und die Aggregation von Blutplättchen hemmen können. Diese Prostaglandine werden in den Wänden von Blutgefäßen synthetisiert und dienen dazu eine unnötige Gerinnselbildung zu verhindern sowie die Kontraktion des glatten Muskelgewebes zu regulieren. 
Kürzlich veröffentlichte Artikel legen nahe, dass die Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) eine wichtige Rolle bei der Verhütung oder zumindest Bewältigung des sogenannten „Zytokinsturms“ spielen können. DHA ist die häufigst vorkommende Omega-3-Fettsäure. (14,15,16)
Omega 3 (via EPA) und Omega 6 finden sich in Primelöl oder Borretschöl und können zur Kontrolle des Entzündungsprozesses im Allgemeinen und zur Behandlung von Covid-19 eingesetzt werden.
Die Wirkung dieser mehrfach ungesättigten Fettsäuren könnte aufgrund ihrer antithromboembolischen Wirkung sowie der gefäßerweiternden, entzündungshemmenden und antithrombotischen Effekte in der Prophylaxe thromboembolischer Prozesse eine wichtige Rolle einnehmen. Studien beschreiben dies. (12,13,17)
Weitere Heilmittel können für die Behandlung von Covid-19 und den zugrunde liegenden Entzündungsproblemen in Betracht gezogen werden: 

  • Boswellia Serratia als Transformationsmittel der Lipoxygenase während der Entzündung,d. h. Bestandteile des Weihrauchs wirken entzündungshemmend. (18)
  • Curcumin mit Piperin zur Hemmung der Zytokinfreisetzung.(19)

Beide Mittel zeigten Wirkung bei der Behandlung akuter und chronischer Entzündungen, wie in mehreren Studien beschrieben.

Bei der Behandlung von Covid-10 und Zytokin-Storming müssen die antioxidativen Eigenschaften von intravenös verabreichtem Vitamin-C berücksichtigt werden. Wie bereits erwähnt, ist Zytokin-Storming charakteristisch für das akute Atemnotsyndrom (ARDS), das im späteren Zyklus der Covid19-Infektionen auftritt. Vitamin C reduziert den Zytokin-Sturm auch im Spätstadium der Covid19-Infektion. (21) In ihrer Metaanalyse lieferten die chinesischen Medizinforscher Huang et al. neben evidenzbasierten Leitlinien und Protokollen für die klinische Praxis überzeugende Beweise für die klinische Vitamin-C-Behandlung von COVID-19. (22)

Nicht zuletzt muss die Toxizität von Metallen als ein weiterer Faktor bei der Entstehung des Zytokin-Storming betrachtet werden. Anatoly Skalny und Kollegen konnten zeigen, dass die Exposition gegenüber toxischen Metallen wie As, Cd, Hg und Pb mit Atemwegserkrankungen (COPD, Bronchitis) einhergeht. Die Forscher bestätigten diese Beobachtungen anhand von Laborergebnissen, die demonstrierten, dass Schwermetallexposition die mukoziliären Clearance,  Atemwegsentzündung, oxidativen Stress und Apoptose erschweren. Der Zusammenhang zwischen Schwermetallbelastung und dem Schweregrad viraler Erkrankungen wurde nachgewiesen und kann als Folge der negativen Auswirkungen der Metallbelastung auf die adaptive Immunität angesehen werden. Daher kann eine toxinreduzierende Therapie die Schwere von Viruserkrankungen mindern und sollte bei COVID-19 in Betracht gezogen werden, auch als Präventivmaßnahme. (20)

SCHLUSSFOLGERUNG

Das entzündliche und thrombotische Phänomen von Covid-19 lässt sich durch die Prostaglandin-Stoffwechselvorgänge erklären. Der Wirkmechanismus von Medikamenten und Nährstoffen, die in der Therapie verwendet werden, kann biochemische Stoffwechselvorgänge modulieren.
Dass die weitaus aggressiver wirkenden Pharmazeutika für Krankenhausbehandlungen bevorzugt werden, ist selbstverständlich. Allerdings sind Nährstoffe und pflanzliche Heilmittel Alternativen, die bei der Behandlung ambulanter Patienten, und dies ist die Mehrheit der von Covid-19 betroffenen Patienten, erfolgreich eingesetzt werden können. Natürliche Heilmittel können sowohl entzündliche als auch thrombotische Reaktionen modulieren, mit weitaus geringeren Nebenwirkungen. Gleichermaßen würde sich eine Reduzierung der Exposition gegenüber toxischen Metallen positiv auf Zytokinstorming und die Entwicklung der Entzündungsprozesse auswirken.
Wir schlagen vor, dass Studien durchgeführt werden, die die Auswirkungen von Nährstoffen und pflanzlichen Heilmitteln, einschließlich toxischer Expositionen weiter untersuchen. Letztere sind nachweislich mit Zytokinstürmen während der Entwicklung der Krankheit verbunden, insbesondere in komplizierten Fällen, wie sie bei allen pandemischen Infektionen beobachtet werden.

Dr. med Efrain Olszewer
Klinischer Direktor des International Center for Preventive Medicine; Wissenschaftlicher Direktor der Stiftung zur Förderung der Gesundheitsforschung (FAPES)

Dr. E.Blaurock-Busch PhD
Forschungsdirektor, Micro Trace Minerals Labor GmbH, Hersbruck
 

BIBLIOGRAFIE

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