Umwelt-Zahnmedizin – Krankheitsursachen „auf den Zahn gefühlt“

Umwelt-Zahnmedizin – Krankheitsursachen „auf den Zahn gefühlt“

Was haben Allergien, Diabetes, Rheuma, Magen-, Darm-, Schilddrüsenerkrankungen, Osteoporose, chronische Infektionen oder Herz- und Kreislauferkrankungen gemeinsam? Alle gehen mit einer systemischen Entzündung einher und diese stellt zugleich die wesentliche Triebkraft für den Erkrankungsprozess dar.

Die Genetik (Vererbungslehre) erklärt den rasanten Anstieg dieser Krankheiten in den letzten 20 Jahren nicht. Man weiß heute, dass eine Vielzahl individueller Trigger- (d.h. Reiz-) und Begleitfaktoren als Auslöser chronisch entzündlicher Erkrankungen bedeutsam sind. In unserer modernen Gesellschaft müssen wir uns immer häufiger und mit immer komplexeren Fremdstoffen auseinandersetzen. In der Summe können sie den Entzündungsauslöser darstellen und somit auf dem Boden angeborener Veranlagung und erworbener Veränderungen im Stoffwechsel die “Volkskrankheiten” bedingen.

Chronische Multisystemerkrankungen wie z.B. Multiple Chemikaliensensitivität (MCS), chron. Erschöpfungssyndrom (CFS), Fibromyalgie aber auch Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Colitis ulcerosa usw. bis hin zu Krebs als Endstation chronischer Entzündung können dadurch mitausgelöst oder verschlechtert werden. In jedem Fall bedeutet die Belastung eine Einschränkung der Regulationsfähigkeit des Organismus und damit eine Störung der Selbstheilungskräfte.

Die moderne Medizin trägt leider auch ihren Teil bei. Eingriffe in die biologische Integrität der Menschen sind zur beinahe täglichen Routine geworden. Gemeint sind Fremdmaterialien im Bereich der Zahnmedizin, Orthopädie oder Chirurgie, medikamentöse und hormonelle Therapien, immunstimulierende oder immunsuppressive Behandlungen. Häufig vergisst man, dass jedes Eingreifen in den Organismus Auswirkungen auf den gesamten Körper hat.

Umwelt-Zahnmedizin

Kein anderer Mediziner bringt aber so viele Fremdmaterialien dauerhaft in den menschlichen Körper ein wie ein Zahnarzt. Egal ob es sich um Metalle, Kunststoffe, Keramiken oder andere Materialien handelt, jedes Material kann individuell unverträglich sein. Es kann dann einen Trigger für chronische Entzündungen darstellen, wenn der Patient darauf allergisch reagiert oder wenn wegen mangelhafter Verarbeitung Materialbestandteile in höherer Konzentration auf den Organismus einwirken. Jedes Material geht Wechselwirkungen mit dem Organismus ein und kann unter Umständen z.B. andere bereits im Körper vorhandene Umweltschadstoffe in ihrer Wirkung verstärken.

Andererseits werden Zahnärzte aber auch mit der Situation konfrontiert, dass immer mehr ihrer Patienten schon an chronisch entzündlichen, autoimmunen oder allergischen Erkrankungen leiden. Bei ihnen müssen sie in enger Zusammenarbeit mit Haus- und Fachärzten, sowie Therapeuten anderer Fachrichtungen gezielt nach unverträglichen Materialien oder Störfaktoren (auch im häuslichen und beruflichen Umfeld, Lebens- und Ernährungsgewohnheiten etc.) suchen, versteckte Entzündungsherde aufspüren und eliminieren. Oberstes Ziel bei der Behandlung chronisch Kranker ist stets, die individuelle Allgemeinbelastung zu reduzieren und mit Hilfe von Begleittherapien die Selbstheilungskräfte so zu unterstützen, dass diese den Organismus wieder regenerieren können.

In der umwelt-zahnmedizinischen Sprechstunde wird nach Auswertung bereits vorhandener medizinischer und zahnärztlicher Befunde, sowie nach einer eingehenden Befragung zur gesamtgesundheitlichen Situation im Mundraum mittels einer gründlichen Untersuchung nach Faktoren gesucht, die über eine toxikologische Dauerbelastung oder eine Immunaktivierung einen entzündlichen Prozess bewirken können. Das können schon so einfache Dinge sein wie verlagerte Weisheitszähne, eine bis dahin unbemerkte chronische Zahnbetterkrankung (Parodontitis), bisher nicht entdeckte Entzündungen an Wurzelspitzen oder im Kieferknochen, ein oder mehrere wurzeltote Zähne oder ein immunologisch für den Patienten ungeeignetes Füllungs-, Kronen-, Brücken-, Prothesen- oder Implantatmaterial. Aber auch Bindungsmaterialien wie Kleber und Zemente können nicht zu unterschätzende Störfaktoren sein. Gezielte labormedizinische Untersuchungen und Röntgendiagnostik werden in Abhängigkeit von den Vorbefunden durchgeführt und eine schrittweise Therapieplanung erstellt.

Wichtig ist auch, dass der Zahnarzt weiß, wodurch das problematische Material ersetzt werden kann. Er muss bereits im Vorfeld abklären, ob eine Sensibilisierung oder individuelle Unverträglichkeit gegen das neu einzubringende Zahnersatzmaterial vorliegt und eventuelle Wechselwirkungen zwischen neuen und alten Materialien beachten. Andernfalls besteht die Möglichkeit für den Patienten, vom “Regen in die Traufe zu kommen”. Bei der Planung von neuem Zahnersatz arbeitet der Umwelt-Zahnmediziner mit qualifizierten Zahntechnikern Hand in Hand.

Die Umwelt-Zahnmedizin stellt daher eine wichtige Bereicherung für die zahnärztliche Kunst dar, sie konkurriert nicht mit der klassischen Medizin, sondern ergänzt sie. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Netzwerk ist dabei unerlässlich. Die Umwelt-Zahnmedizin richtet sich aber nicht nur an chronisch Kranke, sondern auch an gesunde Menschen, denen es nicht ausschließlich nur um Ästhetik und Funktionalität, sondern auch um eine allgemein gesunde, nachhaltige zahnmedizinische Behandlung geht.
Für Menschen, die bereits zahlreiche Mediziner aufgesucht haben, ohne dass eine Ursache für ihre Beschwerden diagnostiziert werden konnte, kann unter Umständen die Umwelt-Zahnmedizin eine große Hilfe sein, ihr Leiden zu lindern oder sogar zu heilen.

Dr. Andreas Lozert
DGUHT-Mitglied im Vorstand und Arbeitskreis Zahnmedizin

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