Zwanzig Jahre nach den Anschlägen in New York – Giftigkeit der Staubwolken

Zwanzig Jahre nach den Anschlägen in New York – Giftigkeit der Staubwolken

In einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vom 12. 09. 2021 über die Anschläge am 11. 09. 2001 in New York wird auf die gesundheitlichen Folgen der Menschen hingewiesen, die dem Staub exponiert waren (1). Es ist erschreckend, in welchem Ausmaß die zumeist ungeschützt arbeitenden Feuerwehrleute und Helfer an organischen und psychischen Erkrankungen leiden. Andererseits wird auch klar, dass die Behörden von New York und Washington zunächst abwiegelten, da angeblich Messungen gezeigt hätten, dass die Luftbelastungen durch den Staub ungefährlich seien. Dies habe sich später aber als Irreführung seitens der Regierung herausgestellt.

Sind wir aber ehrlich. Auch heute noch ist bei Katastrophen wie Explosionen oder Bränden die erste Botschaft unserer Behörden, dass keine gesundheitlichen Schäden zu befürchten seien. Kritiker bemerken hierzu, dass vielleicht keine akuten gesundheitlichen Schäden zu beobachten seien, aber über die langfristig auftretenden gesundheitlichen Folgen werde geschwiegen.

FAZIT: Der Artikel in der FAS vom 12. 09. 2021 ist eine interessante Zusammenfassung des aktuellen Stands der Entwicklungen in New York. Es gibt mit Sicherheit aber noch wesentlich mehr Faktoren und gesundheitliche Folgen als derzeit erkennbar.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Publikationen und gerichtlichen Begutachtungen von Cate Jenkins, eine Chemikerin bei der US-Umweltschutzbehörde (EPA), die wissenschaftliche Kenntnisse über die Auswirkungen von polychlorierten Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) und anderen chlororganischen Stoffen auf die menschliche Gesundheit zusammengefasst hat (2). Sie hat die vielfältigen Schädigungsfolgen auf verschiedene Organsysteme gut dargestellt.

Seit damals ist bekannt, dass Verbrennungsprozesse und deren Abgase mit relevanten gesundheitlichen Schädigungen verbunden sind. Damals wussten wir allerdings noch nichts von den fatalen Auswirkungen der Inhalation von Fein-Stäuben und Feinst-Stäuben auf den Menschen. An diese Partikel angelagerte Fremdstoffe werden nahezu vollständig vom Organismus aufgenommen (3, 4) und wirken dort als direkt schädigendes Agens oder als endokriner Disruptor. Die Folgen sind erst nach Jahren oder Jahrzehnten wissenschaftlich erfassbar (5).

Luftverschmutzung und Stäube sind Risikofaktoren für Krebs

Zwischen Luftverschmutzung und Krebs besteht ein direkter Zusammenhang. In einer Publikation von 2018 listen Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zum Beispiel Feinstaub als einen wichtigen Krebsrisikofaktor auf (6). Weltweit betrachtet tragen Abgase und Verbrennungsrückstände jeder Art sowie auch Feinstaubpartikel aus anderen Quellen zum Krebsrisiko bei. Die Luftbelastung ist allerdings von Land zu Land verschieden: In Entwicklungsländern kann das Kochen über offenem Feuer ein Risiko darstellen. In anderen Ländern machen die zunehmende Industrialisierung und der wachsende Verkehr ohne gleichzeitige Umweltschutzmaßnahmen Probleme, als derzeit wichtigstes Beispiel gilt China. Wieder anderen Ländern mangelt es an „sauberen“ Energiequellen – so dient zum Beispiel in vielen Ländern Kohle als Hauptressource zur Stromgewinnung. In vielen Industrieländern geht die Belastung trotz teils strengen Regelungen nur langsam zurück. Aufgrund der gravierenden Risiken durch Feinstäube und Partikel hat die WHO in den aktuellen Air Quality Guidelines (AQG) vom September 2021 die Richtwerte für die sechs wichtigsten Luftschadstoffe wie Feinstaub (PM2,5 und PM10), Stickstoffdioxid, Ozon, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid deutlich abgesenkt (7).
Es gibt jedoch auch die „hausgemachte“ Luftverschmutzung: durch das Rauchen, beim Grillen, beim eigenen Kamin oder Kaminofen. Kommen bei einem Menschen alle diese Risiken gleichzeitig vor, lässt sich der Einfluss der tatsächlichen Umweltbelastung nur schwer berechnen.

Dr. med. Michael P. Jaumann
Deutscher BV HNO-Ärzte

Dieser Artikel wurde geprüft und unterstützt von
Prof. Dr. med. Hans Schweisfurth (Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats)
Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Schlafmedizin, Medikamentöse Tumortherapie, Umweltmedizin, Rehabilitationswesen

 

Quellen / Literatur

1. Kuroczik J. Kranke Helden. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 12. 09. 2021, Nr. 36, Seite 53.
2. Memorandum der Umweltschutzbehörde der Vereinigten Staaten, Washington, D.C. 20460. 20. 07. 1994. https://sciencecorruption.com/html/Monsanto.html.
3. Nessel C S et al. Hepatic aryl hydrocarbon hydroxylase and cytochrome P450 induction following the transpulmonary absorption of TCDD from intratracheally instilled particles. Fundam Appl Toxicol 1990; 15 (3): 500-509.
4. Oberdörster G. Ultrafine particles inducers of acute lung injury? 6th International Symposium Inhalation Toxicology, Hannover, 1997.
5. Dockery D W et al. An association between air pollution and mortality in six U.S. cities. N Engl J Med 1993; 329 (24): 1753-1759.
6. DKFZ. Luftverschmutzung: Wie sieht die Belastung durch Feinstaub, Diesel- und Benzinabgase oder andere Schadstoffe aus? https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/umweltgifte.php. Letzte Aktualisierung 25.01.2018.
7. Gießelmann K. WHO-Luftgüteleitlinien: Drastische Senkung empfohlen. Dtsch Ärzteblatt 2021; 118 (40): A 1806-1808. https://www.aerzteblatt.de/archiv/221444/WHO-Luftgueteleitlinien-Drastische-Senkung-empfohlen.

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